Gereifte Weine – eine seltene Gelegenheit

Als es nicht möglich war, für das Treffen der Weinheimer Weingilde am 5. Oktober einen Winzer zu gewinnen – in diesem Jahr war das die Hauptlesezeit in den deutschen Weinbergen, entschied sich der Vorstand, den Abend mit den Weinen eines Weinguts zu gestalten, das für eine Präsentation durch den Winzer zu weit weg ist. Die Wahl fiel auf eines der berühmtesten österreichischen Weingüter am Neusiedler See: das Weingut Heinrich in Gols, das heute 105 Hektar Rebfläche bewirtschaftet. Die Präsentation der Weine übernahm Gildemeister Jens Zepp.

Da es in Mannheim und Heidelberg sehr gut sortierte Weinhandlungen gibt, wurde aus deren Bestand eine Probe aus sieben Weinen zusammengestellt. Die ältesten stammten von 2015, und damit bot sich der Weingilde die Chance, Weine zu verkosten, die Zeit hatten, sich zu entwickeln. Wenn Winzer ihre Weine vorstellen, stammen die meist aus dem letzten oder vorletzten Jahr, denn ältere Weine sind meist schon ausverkauft.

Der Abend begann mit zwei Weißweinen. Der Basiswein mit dem recht ungewöhnlichen Namen „naked white“ war eine 2019er Cuvée aus sechs Rebsorten, unter denen nur der Chardonnay international verbreitet ist. Ihm folgte ein reiner 2017er Chardonnay aus der Lage Leithaberg. Beide Weine hatten eine deutliche Hefenote, was eine Folge der Arbeitsweise bei Heinrichs ist, denn das biodynamisch arbeitende Weingut lässt seine Weine sehr lange auf der Hefe reifen (hier waren es 12 bzw. 29 Monate) und füllt sie dann unfiltriert ab. Das gibt den Weinen ein größeres Reifepotenzial.

Die vier Rotweine waren aus den Jahren 2015–2018 und deckten dabei eine große Qualitätsspanne des Weinguts ab. Der erste und jüngste war ein Pinot Noir, der sehr filigran, aber dabei in keinster Weise flach war. Um einen Rotwein mit diesem Charakter in einer doch ziemlich warmen Gegend zu erzeugen, muss man die Trauben vor zu hohen Tagestemperaturen schützen. Dazu nutzt man Lagen, die von der Sonne weniger erreicht werden (hier den Waldrand am Leithaberg), und ein Laubwandmanagement, bei dem man die Trauben nicht völlig ihres Schutzes durch Weinlaub beraubt.

Nun folgten noch vier Weine, in denen die traditionellen österreichischen Rotweinsorten – Zweigelt, Blaufränkisch und St. Laurent – eine dominante Rolle spielten. Der rote Einstiegswein von 2015, eine Dreier-Cuvée, hieß einfach „red“, doch inzwischen wird dieser Weintyp analog zum Weißwein als „naked red“ vermarktet. Er wird mit Spontanvergärung erzeugt und darf ein Jahr reifen, bevor er abgefüllt wird. Der 2015er präsentierte sich sehr schön gereift mit Kirschnoten. Beim Blaufränkischen aus dem gleichen Jahr handelte es sich um eine Lagencuvée. Jens Zepp merkte an, dass dieser Rebsorte, die in Deutschland als Lemberger bekannt ist und inzwischen der heimliche Star unter den österreichischen Rebsorten sei, auch das Herz der Heinrichs gehören würde.

Eine ungewöhnliche Idee liegt dem folgenden Wein zugrunde: In den 1980er Jahren – nach dem Glykolskandal, der dem österreichischen Weinbau enorm geschadet hatte – beschlossen zehn Winzer am Neusiedler See, einen Cuvée-Wein zu schaffen, der besondere Qualitätsansprüche erfüllen muss und dessen Zusammensetzung in jedem Jahr für jedes Weingut der Gruppe gemeinsam festgelegt wird. Für ihn wählten sie den Namen Pannobile, in dem der aus dem Lateinischen stammende alte Name Pannonien für ihre Gegend und das Wort nobel enthalten sind. Der verkostete von 2017 zeigte sich sehr gehaltvoll und mit großem Nachklang, und die paar Ecken und Kanten, die er noch hatte, machen ihn nach Meinung von Jens Zepp zu einem idealen Essensbegleiter und zu einem Wein, der noch viele Jahre ein großer Genuss sein wird.

Abgeschlossen wurde der Abend mit dem 2016er Gabarinza; diese Qualitätsstufe hat im Sortiment nur noch den Salzberg über sich und ist eine Dreier-Cuvée aus Zweigelt, Blaufränkisch und Merlot. Der Name steht für die Lage, die eine der besten Hanglagen in Gols ist, und das merkte man dem Wein auch an, wobei er jedoch die ideale Trinkreife sicherlich noch nicht erreicht hat.

Mit großem Applaus wurde den Organisatoren des Abends gedankt, und nun hoffen alle auf ein Treffen am 2. November, diesmal mit einem Weingut aus der Nachbarschaft: dem Weingut Clauer in Heidelberg.

Hier geht es zur Homepage des Weinguts.

Verkostete Weine

2019    naked white
            35% Chardonnay, 35% Weißburgunder,
           15% Welschriesling, 5% Grüner Veltliner,
            5% Neuburger, 5% Muskat Ottonel
2017    Chardonnay Leithaberg DAC
            100% Chardonnay
2018    Pinot Noir
            100% Pinot Noir
2015    red
            Zweigelt, Blaufränkisch und St. Laurent
2015    Blaufränkisch
            100% Blaufränkisch
2017    Pannobile
            60% Zweigelt, 40% Blaufränkisch
2016   Gabarinza
            40% Zweigelt, 30% Blaufränkisch, 30% Merlot

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