Eine Quereinsteigerin mit großen Zielen : Angelina Kappler besuchte die Weinheimer Weingilde

Nicht an der Wiege gesungen wurde Angelina Kappler, dass sie mal Deutsche Weinkönigin sein werde, und doch passierte genau das: Im Oktober 2019 gewann sie in Neustadt die Wahl zur Deutschen Weinkönigin 2019/2020. Wie es dazu kam, erzählte sie beim Septembertreffen der Weinheimer Weingilde, bei dem natürlich der Wein nicht fehlen durfte: Er stammte von Weingut Karl-Friedrich Weyl in Weinsheim an der Nahe.

Angelina Kappler wuchs in der Ortenau auf, ging nach dem Abitur ins Schwabenland, sprich nach Stuttgart, um Ernährungswissenschaften zu studieren, fand dort einen WG-Partner, der Wirtschaftswissenschaften studierte und sich allmählich zu mehr als einem Mitbewohner entwickelte, und beide begannen ihr Arbeitsleben in Frankfurt. Und nun kommt der Wein ins Spiel: Der Onkel ihres heutigen Mannes, Karl-Friedrich Weyl, besitzt in Weinsheim ein Weingut, das er trotz der Größe von sechs Hektar fast allein bewirtschaftet. Dort war Angelina oft zu Besuch, natürlich auch auf der örtlichen Kerb, und 2017 stimmte sie auf diesem Fest aus einer Weinlaune heraus dem Vorschlag zu, sich um das Amt der Nahe-Weinkönigin zu bewerben – und sie wurde 2018 zu ihrer großen Überraschung tatsächlich gewählt. Was ihr damals nicht bewusst war: Damit war sie automatisch auch eine Kandidatin bei der Wahl der Deutschen Weinkönigin.

In dem Jahr bis zur Wahl als Nahe-Weinkönigin befasste sie sich intensiv mit allem, was mit Wein zu tun hat, wobei ihr Karl-Friedrich Weyl enorm half, – und irgendwann erkannte sie, dass sie ihre Zukunft als Winzerin sah, und sie begann die Ausbildung, die sie inzwischen abgeschlossen hat. Seit 1. September ist sie im Weingut Karl-Friedrich Weyl fest eingestellt, und der Plan ist, dass sie in den nächsten Jahren sukzessive diesen Betrieb übernehmen wird.

Logischerweise gab es deshalb bei ihrem Besuch auch Weine aus Weinsheim zum Verkosten: vier Weißweine und einen Blanc de Noir von 2021, einen Weißwein von 2020 und einen Rotwein von 2019 – alle trocken ausgebaut. Zum Weißburgunder merkte sie an, dass er die dritthäufigste Rebsorte an der Nahe ist und dass sie ihn jedem Grauburgunder vorziehe. Der anschließende Riesling war eine trockene Auslese von 2020, wobei der Hauptunterschied zu anderen Rieslingen die weichere Säure ist. Danach kam ein weiterer weißer Wein ins Glas, doch der war aus Spätburgundertrauben erzeugt. Angelina Kappler erklärte, dass seit 2021 der Name Blanc de Noir nur einem Wein aus roten Trauben gegeben werden darf, der keinen Rosa- oder Kupferton aufweist. Die Kunden des Weylschen Weinguts lieben diesen Wein, so dass er nach dem Grauburgunder immer als Erster ausverkauft ist.

Beim folgenden Sauvignon Blanc erzählte sie, dass sie diesen 2021er beim Probieren auf Weinmessen in ihren Hauptabnehmerorten in Nordrhein-Westfalen als „Hugo-ähnlich“ beschrieben habe, während er sonst eher an gelbe Früchte denken lässt. Der Grund dafür ist sein Jahrgang, der wegen des kühleren Wetters vor allem Holunder- und Litschi-Noten hervorgebracht hat. Zudem wurde ein Teil der Trauben auf der Maische vergoren. Eine weitere Möglichkeit, die Aromatik des Sauvignon Blanc zu beeinflussen, ist das Vorgehen beim Entblättern: Da die Stiele und Blätter den für den Paprikaton entscheidenden Stoff enthalten, gelangt logischerweise mehr davon in die Trauben, wenn kaum entblättert wird. Nun folgte eine pilzresistente Sorte mit dem Namen Muscaris. Das ist eine Kreuzung aus gelbem Muskateller und Solaris, bei der der Elternteil Solaris die Empfindlichkeit des gelben Muskatellers mindert, ohne dessen Charakteristik – neben dem Bukett die schöne Säure – zu verändern. Diese Sorte haben sie erst seit drei Jahren im Angebot, und sie plant, künftig aus einem Teil der Ernte einen Winzersekt zu machen, denn sie findet, dass deutsche Winzer nicht unbedingt Champagner nachstellen müssten, sondern mit dem Pfund wuchern sollten, dass sie eine Vielzahl an Rebsorten zu Sekt verarbeiten dürfen und damit Sekte mit ganz anderen Geschmackseindrücken erzeugen können.

Als letzter Weißwein kam ein Chardonnay ins Glas, der im Barriquefass vergoren und ausgebaut worden war, und das kam so: Angelina bekam von der Familie Weyl zur Hochzeit ein Barriquefass geschenkt und beschloss, es mit Chardonnay zu belegen. Da sie selbst keine zu sehr nach Holz schmeckende Weine mag, verschnitt sie den Barriquewein 1:1 mit Chardonnay aus dem Edelstahltank. Das Ergebnis war mehr als überzeugend! Dieser Wein ist der erste Wein, den Angelina selbst gemacht hat, und darum bekam er ein individuelles Etikett und einen Namen, der die Abstammung seiner Schöpferin widerspiegelt: Er heißt Newo, das ist Romanes und bedeutet Neues, Neuanfang. Angelina Kapplers Mutter ist eine deutsche Sinteza, und Ausgrenzungserfahrungen in der Kindheit und Jugend haben Angelina dazu motiviert, sich für Minderheiten, nicht nur Sinti und Roma, zu engagieren, die unter Rassismus leiden. Darum gehen zwei Euro pro verkaufter Flasche Newo an ein Bildungsprojekt für junge Sinti und Roma des Sintipowerclub e.V.

Den Abschluss eines informativen, genussreichen und unterhaltsamen Abends bildete ein Spätburgunder. Bei dieser Rebsorte strebt das Weingut an, dass die Weine eleganter, zarter und leichter sind als ihre Rotweine aus anderen Sorten. Mit einem Blumenstrauß und großem Applaus wurde Angelina Kappler verabschiedet.

Hier geht’s zur Homepage des Weinguts.

Verkostete Weine

2021Weisser Burgunder QbA, trocken
2020Riesling Auslese, trocken
2021Blanc de Noir – Spätburgunder, trocken
2021Sauvignon Blanc QbA, trocken
2021Muscaris Spätlese, trocken
2021Chardonnay Fumé, trocken
2019Spätburgunder QbA, trocken

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