Besuch vom nördlichen Ende der Weinstraße: ein gelungener Gildeabend mit Karoline Gaul

Im Juni wurden die Besucher des monatlichen Treffens der Weinheimer Weingilde mit Weinen des Weinguts Karl-Heinz Gaul aus Grünstadt-Sausenheim verwöhnt. Karoline Gaul, die gemeinsam mit ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester Dorothee, unterstützt von der Mutter, seit 2011 das Weingut führt, hatte sieben Weine aus den Jahren 2020 und 2021 dabei, die alle auf große Zustimmung stießen.

Zur Geschichte des Weinguts gab es selbstverständlich auch einige Informationen: Nachdem die Eltern bis Anfang der 1990er Jahre noch gemeinsam mit Verwandten ein Weingut in Grünstadt betrieben hatten, beschlossen sie, sich unabhängig zu machen, bauten am Rand von Sausenheim komplett neu und starteten mit acht Hektar. Damals waren die beiden Töchter im Grundschulalter, und es war eine sicherlich sehr mutige Entscheidung vom bereits 51-jährigen Vater, dieses Wagnis einzugehen. Leider erkrankte er 2008 schwer, so dass die Töchter früh in den Betrieb eintreten mussten. Zu der Zeit studierten sie beide in Geisenheim, und Dorothee unterbrach ihr Studium, bis Karoline ihres abgeschlossen hatte, um dann das eigene fortzusetzen. Nach dem Tod des Vaters 2011 übernahmen sie dann gemeinsam das Weingut. Da sich die Neigungen der beiden Schwestern ausgezeichnet ergänzen – Dorothee ist die Kellermeisterin und zuständig für den Ausbau der Weine und die Arbeiten im Wingert, Karoline kümmert sich um Verkauf und Vermarktung –, klappt es in dem heute zwanzig Hektar bewirtschaftenden Familienbetrieb, zu dem inzwischen auch vier kleine Kinder gehören, ausgezeichnet.

Sei bauen zu 65% Weißweine, davon etwa ⅓ Riesling und ⅓ Burgundersorten, an, setzen weitgehend auf Handlese (z.T. mit drei Lesedurchgängen) und nutzen neben Edelstahltanks auch unterschiedlich große und unterschiedlich alte Holzfässer. Bei der Weinklassifizierung haben sie sich 2013 für die vierstufige französische Gutswein – Ortswein – Lagenwein – „Zugpferd“ entschieden, wobei „Zugpferd“ ihre durch den Familiennamen inspirierte Benennung der Topqualität ist. Bei den Lagen- und Zugpferd-Weinen setzen sie vorrangig auf Spontanvergärung und lassen sie lange auf der Feinhefe, bevor sie abgefüllt werden. Verkostet wurden ein Gutswein, drei Ortsweine, zwei Lagenweine und zwei Zugpferd-Weine.

Der Abend begann mit einem Riesling-Gutswein, der von einem sehr kalkreichen Boden kam und daher weniger fruchtig war wie Weine von südlicheren Lagen der Weinstraße. Das passt zur Ausrichtung des Weinguts, dem eher elegante, kühlere Weine am Herzen liegen. Der anschließende Riesling-Lagenwein stammte von der Lage Hütt, hatte weniger Restzucker als der Vorgänger, aber einen ähnlichen Säuregehalt. Bei ihm hieß es, er sei fast noch zu jung für den perfekten Genuss. Die nächste Rebsorte war ein Grauer Burgunder als Ortswein, dessen Trauben auf einem Lehm-Löss-reichen Boden gewachsen sind und der zum Großteil in alten Holzfässern ausgebaut wurde. Karoline Gaul hätte ihn sich noch mit etwas mehr Schmelz gewünscht, doch Qualität verlangt im Weinbau auch Respekt vor dem, was die Natur liefert.

Beim ersten Zugpferd-Wein, einem Weißen Burgunder von der Lage Honigsack, irritierte etwas die zusätzliche Angabe i.G. auf dem Etikett. Doch die Erklärung folgte sofort. Das Kürzel steht für „im Goldberg“, und Goldberg ist der alte Katastername des Bereichs innerhalb der Lage Honigsack, auf dem die Rebstöcke für diesen Wein stehen. Der Wein wurde in 600-Liter-Fässern einer Bad Dürkheimer Küferei ausgebaut und präsentierte sich trotz seiner Jugend wunderbar. Zum Abschluss des Weinweinteils gab es eine Bukettsorte zu verkosten: einen trockenen Gelben Muskateller als Ortswein. Den Bukettweinen gönnen sie eine kleine Maischestandzeit, damit die Aromen aus der Schale besser in den Saft extrahiert werden, und der verkostete Wein bietet sich unter anderem als leckerer Aperitif-Wein im Sommer an.

Mit einem St.-Laurent wurde als erster Rotwein eine eher unübliche Sorte präsentiert. Bei ihm erzählte Karoline Gaul, dass sie mit seinem „großen Bruder“ (den Lagenwein) 2020 beim Vinum-Rotweinpreis in der Kategorie St. Laurent den ersten Platz belegt hatten; ihr Spätburgunder war ebenfalls ausgezeichnet worden – mit dem dritten Platz in seiner Kategorie. Die Trauben stammten von einem 1994 bestockten Weinberg, wurden im für St. Laurent typischen engen Zeitfenster gelesen und in Tonneau- und älteren Barrique-Fässern ausgebaut. Den Abschluss bildete die Diva unter den Rotweinen, ein Spätburgunder. Die Aufnahme dieser Rebsorte in das Traubenspektrum geht auf Dorothee Gauls Begeisterung für sie zurück. Sie reduzieren die Trauben auf eine Lesemenge von etwa 2500 Liter pro Hektar, lesen sie früh, um eine gute Säurestruktur und einen nicht zu hohen Alkoholgehalt des Weins zu gewährleisten, und bauen den Wein in französischem Holz aus. Im Fokus-Weintest belegte der Wein einen geteilten ersten Platz. Mit großem Applaus und einem Blumenstrauß wurde Karoline Gaul nach einem gelungenen Abend verabschiedet.

Hier geht’s zur Homepage des Weinguts.

Verkostete Weine

2021Riesling trocken, Gutswein
2021Riesling trocken
Sausenheimer Hütt, Lagenwein
2021Sausenheimer Grauer Burgunder trocken
Ortswein
2021Weißer Burgunder trocken
„i.G.“ Sausenheimer Honigsack, Zugpferd
2021Sausenheimer Gelber Muskateller trocken
Ortswein
2020Sausenheimer St. Laurent trocken
Ortswein
2020Spätburgunder trocken
„i.G.“ Sausenheimer Honigsack, Zugpferd