Besuch aus der Nachbarschaft: das Heppenheimer Weingut Freiberger zu Gast bei der Weinheimer Weingilde

Obergildemeister Siegfried Weber und Charlotte Freiberger, die deutsche Weinprinzessin von 2017/2018

Charlotte Freiberger, die 2017/2018 eine der zwei deutschen Weinprinzessinnen war, stellte im Januar das Familienweingut vor, das ihr Urgroßvater 1926 gegründet hat und das mit 16 Hektar Rebfläche heute das größte privat vermarktende Weingut an der hessischen Bergstraße ist.
Der Abend begann mit einem feinherben Kerner Kabinett, der in keinster Weise pappig süß schmeckte, sondern dessen Restsüße eine deutlich würzige Note ergänzte. Diese Note lässt sich nicht aus den Eltern der Neuzüchtung von 1929 – Trollinger und Riesling – erklären, sondern unterstreicht einfach, wie unvorhersagbar die Eigenschaften durch Kreuzung beeinflusst werden. Die anschließende Gewürztraminer Spätlese trocken steht für die eigenständige Art des Betriebs, Weine auszubauen. Obwohl der Gewürztraminer fast immer lieblich angeboten wird, beschloss Charlottes Vater vor einigen Jahren, dass sie die Rebsorte künftig trocken ausbauen werden, weil sie ihnen selbst so besser schmeckt. Dazu kam, dass sie bei der Neubestockung eines Weinbergs auf eine Gewürztraminer-Hausrebe mit besonders ausgeprägter Aromatik zurückgegriffen hatten und anschließend die Rebstöcke mit der besten Kombination aus Pflanzengesundheit, Ertrag und Aroma markierten. Davon wurden dann die Pfropfreiser für eine Neubestockung genommen. Charlotte Freiberger hat fest vor, dieses aufwendige Verfahren erneut anzuwenden, bevor die nächste Neubestockung ansteht.
Die zwei nächsten Weine waren Rieslinge, ein Kabinett trocken vom Steinkopf und einer unter dem Namen „Grenzenlos“. Der Steinkopf gab dem Wein die Charakteristika von Buntsandstein und Löss/Lehm mit. Die etwas fehlende spritzige Säure dürfte eine Folge der klimatischen Veränderungen sein, denn der Riesling als eher spät reifende Sorte verliert bei zu rascher Reifung seine Säurestruktur. Der Grenzenlos muss als Landwein vermarktet werden, obwohl seine Trauben bisher immer Spätlesequalität hatten. Der Grund dafür ist, dass die Trauben aus zwei Anbaugebieten stammen, der hessischen Bergstraße und der Pfalz – dort, in Burrweiler, hat Charlottes Freund ein Weingut. Der Ablauf ist pragmatisch: In jedem Weingut wird eine Box voll Trauben für den Grenzenlos gelesen, und das Pressen und Vinifizieren passiert dort, wo es vom betrieblichen Ablauf gerade am besten passt. Beide Rieslinge kamen sehr gut an.
Mit den drei folgenden Weinen wurde die Burgunderfamilie vorgestellt. Zu ihnen erzählte Charlotte Freiberger, dass die Burgundersorten in Deutschland stark im Kommen seien – vor allem zu Lasten von Silvaner und Müller-Thurgau – und dass dieses „Burgunderwunder“ dazu geführt habe, dass inzwischen mehr Burgunder (28000 Hektar) angebaut werden als die deutsche Rebsorte Riesling (25000 Hektar). Außerdem erfuhren die Gäste, dass die Rebsorten Weiß-, Grau- und Spätburgunder erst unterschieden werden können, wenn die Trauben reif sind, und dass vor allem der Grauburgunder immer wieder spontan zurück zum Spätburgunder oder vorwärts zum Weißburgunder mutiert, und zwar als ganzer Trieb, als einzelner Traubenhenkel, als einzelne Beere und sogar nur als Teil einer einzelnen Beere.
Die Spätlese des Weißburgunders war nach Charlotte Freibergers Worten exemplarisch für den Jahrgang (2018), indem ihr Aroma teilweise an Chardonnay und Grauburgunder erinnerte, zur anschließenden Grauburgunder Selection von 2017 hieß es, diese Bezeichnung konnte bis 2018 für die höchste Qualitätsstufe bei trockenen Weinen vergeben werden, wenn der Ertrag unter 60 hl/ha lag, man schon im Frühjahr die entsprechende Weinlage angemeldet hatte, alle Trauben mit Hand gelesen wurden, der Saft mehr als 90°Oechsle hatte und der Verkauf erst im September des Folgejahres begann.
Zum Abschluss gab es einen Rotwein, eine Spätburgunder Spätlese von 2017. Das Weingut Freiberger war an der hessischen Bergstraße Vorreiter beim Ausbau der Spätburgundersorte als Rotwein: Sie brachten ihren ersten bereits 1980 auf den Markt! Zum aktuellen Vorgehen hieß es, dass der Saft – vorwiegend Spätlesequalität – wie auch bei den Weißweinen im Edelstahltank vergoren wird, dann aber kommt der Wein in Barriquefässer, von denen jedoch nur ein kleiner Teil Erstbelegung ist. Mit einem Blumenstrauß und großem Applaus wurde der Referentin für einen unglaublich schnell vergangenen genussreichen Abend gedankt.

Hier geht es zur Homepage des Weinguts.

Verkostete Weine

2018  Heppenheimer Stemmler Kerner
         Kabinett feinherb

2018  Heppenheimer Gewürztraminer
         Spätlese trocken

2018  Heppenheimer Steinkopf Riesling
          Kabinett trocken

2018  Riesling „Grenzenlos“
         trocken

2018  Heppenheimer Weißer Burgunder
         Spätlese trocken

2017  Heppenheimer Stemmler Grauer Burgunder
         Selection

2017  Heppenheimer Spätburgunder
         Rotwein Spätlese trocken im Barrique gereift

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